Internationale Fachzeitschrift für
alte und neue Numismatik

Editorial November / Dezember 2023

Von der Hyperinflation in die Goldenen Zwanziger

Vor 100 Jahren endete auf ihrem Höhepunkt die radikalste Geldentwertung in der Geschichte einer Industrienation: Mit der Einführung der Rentenmark im November 1923 wurde die Hyperinflation in Deutschland erfolgreich gestoppt. Zwölf Nullen auf den Geldscheinen wurden gestrichen, der neue Wechselkurs mit 1 zu einer Billion festgesetzt. Neben dem drastischen Währungsschnitt trugen auch neue, an die Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft angepasste Zahlungsmodalitäten für die Reparationszahlungen an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Deutschland wurde international wieder kreditwürdig und es begann 1924 eine fünfjährige Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur und Wissenschaft: die „Goldenen Zwanziger Jahre“.  

Bis dahin aber war es ein langer, entbehrungsreicher Weg. Die reale Kaufkraft der deutschen Währung war beinahe minütlich gesunken, immer mehr Geld mit immer höheren Wertangaben wurde in Umlauf gebracht. So druckte die Reichsbank 1923 Geldscheine in Milliardenhöhe, für die es dennoch kaum einen realen Gegenwert gab. Der Preis für einen Liter Milch war von 110.000 Mark im August vor 100 Jahren auf acht Millionen Mark im September gestiegen, im Oktober wurden bereits 200 Millionen dafür verlangt. 

Durch die Inflation waren nach und nach die Ersparnisse der Bürger aufgezehrt worden. Wer jedoch Sachwerte besaß, war fein heraus. Immobilieneigentümer zum Beispiel, deren Hypotheken durch die Inflation faktisch vollständig entschuldet wurden, während die Häuser und Grundstücke nichts an Wert einbüßten. Wer dagegen nur Barvermögen hatte, verlor alles. Gerade den Deutschen steckt die Angst vor einer Hyperinflation noch in den Knochen.

Auch heute erleben wir durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, vor allem aber durch den Krieg in der Ukraine nach langen Jahren der Preisstabilität wieder eine inflationäre Entwicklung. Zwar scheint sie durch die drastischen Zinserhöhungen der Notenbanken ihren Höhepunkt mittlerweile überschritten zu haben, dennoch wird immer noch alles teurer, Lebensmittel und Energie zumal. Kein Wunder, dass der Run auf Edelmetalle ungebrochen ist. Denn gerade Gold gilt nach wie vor als sicherer Hafen für alle, die ihr Vermögen vor allzu starker Geldentwertung schützen wollen. Und Münzensammler sind hier in der glücklichen Lage, ein schönes Hobby mit ihren Geldanlagestrategien perfekt in Einklang zu bringen: Sie horten Gold nicht, sie sammeln es! 

Erzinger
Wolfgang Erzinger,
Herausgeber
Deutsches Münzen Magazin

© DEUTSCHES MÜNZEN MAGAZIN - Alle Rechte vorbehalten